Wichtige klinische Zusammenfassung: Anwendung von Adipositas-Leitlinien zur Therapieanpassung
Dies ist eine Zusammenfassung des Micro-Learning-Moduls der Sitzung von Dr. Sue Pedersen, die Sie hier finden können. Bevor Sie teilnehmen, lesen Sie bitte unsere CME- und Offenlegungsinformationen, die hier zu finden sind.
Danksagung: Diese Aktivität wird durch einen unabhängigen medizinischen Bildungszuschuss von Lilly unterstützt. Dieses Online-Bildungsprogramm wurde für medizinisches Fachpersonal weltweit konzipiert.
Einführung
Die Anwendung einer leitliniengerechten Adipositasversorgung erfordert eine fortlaufende Neubewertung, eine gemeinsame Entscheidungsfindung und die Bereitschaft, die Therapie anzupassen, wenn vereinbarte Ziele nicht erreicht werden. Diese Zusammenfassung beschreibt, wie das Ansprechen auf die Behandlung bewertet, Barrieren identifiziert und alternative Therapien ausgewählt werden können, die mit den vom Patienten definierten Zielen übereinstimmen.
Fallstudie: Sabine
Sabine, 62, ist im Ruhestand und leidet an schwerer obstruktiver Schlafapnoe (OSA) ohne CPAP-Toleranz, Kniearthrose, kontrollierter Hypertonie, Hypothyreose, leichter chronischer Nierenerkrankung (eGFR 55) und Adipositas. Ihre Untersuchung zeigt:
- BMI: 34
- Taille-Größe-Verhältnis (Waist-to-height ratio): 0,64
- Taillenumfang: 100 cm
- Laborwerte: Normaler HbA1c und Blutdruck, stabile Schilddrüsenfunktion und leicht erhöhte Triglyceride.
Sie nimmt derzeit Semaglutid 2,4 mg wöchentlich zur Gewichtsreduktion ein.
Ihre Behandlungsziele wurden gemeinsam mit ihren Ärzten erarbeitet und umfassen drei Prioritäten: Reduktion der Knieschmerzen, Verbesserung der OSA und Erreichen einer Gewichtsabnahme von ≥ 15 %. Nach neun Monaten Semaglutid berichtet sie über eine leichte Besserung der Knieschmerzen, eine bescheidene Verbesserung der OSA und eine Gewichtsreduktion von 5 % mit anschließender Stagnation (Plateau).
Wenn Ziele nicht erreicht werden: Zuerst neu bewerten
Ein suboptimales Ansprechen bedeutet nicht automatisch ein Therapieversagen. Bevor die Therapie modifiziert wird, sollten Kliniker folgende Punkte prüfen:
- Zugang und Bezahlbarkeit: Kann der Patient die Behandlung weiterhin konsistent erhalten?
- Angemessenheit der Dosis: Hat der Patient die maximal vertragene Dosis erreicht?
- Adhärenz und Verträglichkeit: Gibt es verpasste Dosen, Nebenwirkungen oder Unterbrechungen?
- Verhaltensbedingte Barrieren: Schlaf, Stress, Ernährungsmuster oder Einschränkungen der Aktivität.
- Psychosoziale oder medizinische Einflussfaktoren: Neue Medikamente, psychische Belastungen oder gewichtsfördernde Erkrankungen.
Sobald diese Faktoren geklärt sind und die Ziele bei maximal vertragener Dosis weiterhin nicht erreicht werden, können die drei Säulen des Adipositasmanagements (psychologische Unterstützung, Pharmakotherapie und bariatrische Chirurgie) erneut geprüft werden. Auch die Hinzunahme oder der Wechsel von Medikamenten kann in Betracht gezogen werden.
Evidenzbasierte Optionen für Sabine
Als Sabines Ansprechen auf Semaglutid ein Plateau erreichte, lautete die Frage nicht einfach „Was senkt das Gewicht noch?“, sondern „Welche Therapie-/Managementstrategie passt am besten zu den spezifischen Zielen, die sie sich gesetzt hat, und zu den Bedingungen, die ihre Gesundheit prägen?“. Hier wird vergleichende Evidenz entscheidend.
Tirzepatid vs. Semaglutid: Die SURMOUNT-5-Studie liefert einen der klarsten direkten Vergleiche in der Adipositas-Pharmakotherapie. In dieser Studie bewirkte Tirzepatid:
- 20,2 % mittlere Gewichtsreduktion vs. 13,7 % mit Semaglutid.
- Gewichtsverlust von ≥ 15 % bei ~65 % der Patienten vs. ~40 % mit Semaglutid.
Angesichts Sabines Ziel einer Gewichtsabnahme von ≥ 15 % bietet Tirzepatid eine höhere Wahrscheinlichkeit, ihr Ziel zu erreichen.
Obstruktive Schlafapnoe (OSA): Die OSA ist eine von Sabines belastendsten Erkrankungen. Es gibt robuste Evidenz aus der SURMOUNT-OSA-Studie, dass Tirzepatid die OSA verbessert. Bei Patienten, die kein CPAP nutzen – was Sabines Situation widerspiegelt – bewirkte Tirzepatid deutliche Reduktionen des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), mit einem Rückgang von etwa 25 Ereignissen/Stunde bei einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von fast 18 %. Im Gegensatz dazu zeigt Liraglutid ebenfalls einen bescheidenen Nutzen bei OSA, dessen Wirkung jedoch geringer und stark gewichtsabhängig ist. Für Sabine, die eine robustere Veränderung der Krankheitslast benötigt, bietet Tirzepatid einen klinisch bedeutsameren Weg.
Arthrose: Semaglutid ist das einzige Adipositas-Medikament mit dedizierter Evidenz für die Verbesserung von Kniearthrose-Schmerzen, gemessen mit dem WOMAC-Schmerzscore. Da Sabine jedoch bereits Semaglutid in maximaler Dosis mit nur leichter Linderung einnimmt, ist ein weiterer Nutzen allein durch diesen Mechanismus unwahrscheinlich.
Integration von Entscheidungshilfen
Unter Verwendung der Obesity Canada Decision Table (Entscheidungstabelle von Obesity Canada) erweist sich Tirzepatid als die geeignetste Alternative für Sabine in Bezug auf:
- Ausmaß der Gewichtsabnahme
- Verbesserung der OSA
- Begrenztes Ansprechen auf Semaglutid
Plan zur Therapieanpassung
Wechsel von Semaglutid auf Tirzepatid: Da Sabine Semaglutid gut vertragen hat, wäre ein vernünftiger Wechsel der Start mit Tirzepatid 5 mg wöchentlich (Titration nach Bedarf). Ein Start mit 7,5 mg kann je nach klinischem Ermessen akzeptabel sein, aber die meisten Kliniker entscheiden sich für den konservativeren Ansatz.
Überwachung nach dem Wechsel: Hocheffektive GLP-basierte Therapien können Begleiterkrankungen beeinflussen, noch bevor große Gewichtsveränderungen eintreten.
- Blutdruck: Der Bedarf an blutdrucksenkenden Medikamenten kann frühzeitig sinken. Häusliche Überwachung und schnelle Anpassung sind essenziell.
- Schilddrüsenhormone: Gewichtsverlust kann den Bedarf an Levothyroxin reduzieren. Der TSH-Wert sollte in den ersten sechs Monaten alle 1–2 Monate und einen Monat nach jeder Dosisänderung kontrolliert werden. Die Frequenz kann später reduziert werden, wenn sich die Gewichtsveränderung stabilisiert.
Überwachungspläne müssen individualisiert werden, insbesondere bei Patienten mit Komorbiditäten wie KHK (Koronare Herzkrankheit).
Fazit
Sabines partielles Ansprechen verdeutlicht ein häufiges klinisches Szenario: eine spürbare Verbesserung, die jedoch nicht ausreicht, um die vom Patienten definierten Ziele zu erreichen. Nach erneuter Bewertung der Barrieren und Bestätigung der maximalen Dosierung stimmt der Wechsel von Semaglutid zu Tirzepatid mit ihren Behandlungsprioritäten und der aktuellen Evidenz überein. Eine leitlinienbasierte Adipositasversorgung bleibt ein dynamischer, kollaborativer Prozess, der auf gemeinsamen Zielen, strukturierter Überwachung und rechtzeitigen therapeutischen Anpassungen basiert, um nachhaltige Verbesserungen von Gewicht und Gesundheit zu unterstützen.